Rindermarkthalle: Planung vor dem Aus – Plan B muss her

Pressemitteilung von Unser! Areal

+++ Vorgesehene Betreiber des Edeka-Marktes lehnen jetzige Planung ab +++ Gesamtkonzept für Rindermarkthalle auch wirtschaftlich unsinnig +++ Anwohner fordern ganz neue stadtteilverträgliche Planung +++

Hamburg, 17.12.2012

– Die Planung von Edeka Nord für die Alte Rindermarkthalle auf St. Pauli steht offenbar vor dem Aus: Nach uns vorliegenden Informationen werden Herwig Holst, Inhaber des Edeka-Marktes in der Paul-Roosen-Straße, und Jörg Meyer den in der Halle vorgesehenen Edeka-Markt wegen des derzeitigen Planungsstandes nicht übernehmen.
Damit ziehen die beiden die Konsequenzen aus dem Plan für die Markthalle im Eingangsbereich, den die von Edeka Nord beauftragte Projektentwicklungs-gesellschaft Maßmann & Co entwickelt hat. Deren Geschäftsführer Peter Maßmann hatte noch auf der öffentlichen Informationsveranstaltung am 24.9.2012 versichert, die Markthalle solle „auf keinen Fall“ eine 1:1-Kopie des Mercado in Altona werden. Genau die soll es nach nun bekannt gewordenen Plänen geben: eine „Markthalle“ nur mit Lebensmittelangeboten, zum Teil hochpreisigen.
Dieses Konzept ist jedoch für die benötigte Nahversorgung, für die ein Edeka-Markt und ein Aldi allemal genügen würden, überflüssig wie ein Kropf. Statt einer Markthalle mit nützlichem, alltäglichem Kleingewerbe, das in den umliegenden Vierteln zunehmend fehlt und von vielen Anwohnern gewünscht wird, soll nun eine Schlemmer-Halle entstehen, die die Gentrifizierung St. Paulis weiter voran treibt und auch noch dem geplanten Edeka-Markt selbst das Geschäft abgräbt. Die Entscheidung von Holst und Meyer, sich an diesem Konzept nicht zu beteiligen, unterstützen wir ausdrücklich.
Dass die Planung sich in diese Richtung entwickelt, ist indes kein Zufall. Für die Edeka-Gruppe ist das E-Center in der Rindermarkthalle ein „Vorzeige-Objekt“ für künftige innerstädtische Einkaufszentren, mit dem sie bereits auf Messen wirbt, zuletzt auf der EXPO Real in München. Deshalb war Edeka Nord auch bereit, den von der Sprinkenhof AG als Verwalterin des städtischen Grundstücks sehr hoch angesetzten Mietpreis zu zahlen. Diesen kann man nach unseren Daten mit rund 1,5 Millionen Euro ansetzen. Die dafür nötige Rendite ist mit einer kleinteiligen, Stadtteil-kompatiblen Nutzung der Halle natürlich nicht zu erwirtschaften.
Die Verantwortung für diese Fehlplanung liegt bei der Stadt Hamburg und beim Bezirk Mitte. Sie haben über die Köpfe der Anwohner hinweg – und damit gegen eine Empfehlung der Hamburgischen Bürgerschaft – das „Zwischennutzungs“-Konzept von Edeka Nord im Alleingang durchgeboxt. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um diese Fehlplanung zu korrigieren:

  • Der Vertrag zwischen Sprinkenhof AG und Edeka Nord muss aufgelöst, die jetzige Planung gestoppt werden.
  • Die Planungszuständigkeit muss beim Bezirk Mitte und nicht in privatwirtschaftlicher Hand (Sprinkenhof AG) liegen.
  • Die weitere Planung muss in einem neuen, transparenten Verfahren stattfinden, das von den Menschen und Initiativen im Stadtteil getragen wird. Die bisherige Praxis gelenkter „Beteiligungs“-Verfahren ist – nicht nur auf St. Pauli – gescheitert.
  • Die Fläche für eine Lebensmittel-Nahversorgung durch Handelsketten muss deutlich verkleinert werden. 2500 Quadratmeter sind ausreichend und waren auch im ersten Planungsverfahren 2010 vorgesehen.

Die seit November 2010 laufende Wunschproduktion Alte Rindermarkthalle hat in einer großangelegten Umfrage unter den Anwohnern sowie in Gesprächen an den Planungswürfeln sehr viele konkrete und realistische Nutzungsideen gesammelt (wunschproduktion.rindermarkthalle.de). Diese sind eine ideale Grundlage für die weitere Planung.

3 Gedanken zu „Rindermarkthalle: Planung vor dem Aus – Plan B muss her

  1. Lieber areal.admin,

    wir freuen uns weiterhin über jede Form des Dialoges – auch des kritischen Dialoges. Wenn aber wie hier mit falschen Behauptungen gearbeitet wird, dann wird’s kritisch – leider in einem anderen Sinne.

    Daher jetzt einmal kurz Fakten, statt Spekulationen:

    Von einem Ausstieg der Pächter Holst und Meyer kann nicht die Rede sein. Von Seiten der Edeka-Einzelhändler wurde uns wiederholt bestätigt, dass ein Ausstieg aus dem Projekt Rindermarkthalle nicht geplant ist. So viel zu dieser Behauptung.

    Viel problematischer aber ist die hier formulierte mutwillige Verdrehung des Konzeptes der Markthalle.

    Die Verhandlungen mit potentiellen Mietern für die Flächen haben gerade erst begonnen. Von einer wie auch immer gearteten Liste mit potentiellen Mietern – über ein Jahr vor Eröffnung – auf das Konzept zu schließen und damit Stimmung zu machen, muss als politisch begründeter Aktionismus bezeichnet werden.

    Wahr ist:

    Das Konzept einer lebendigen Markthalle für das Viertel bleibt bestehen und wird sich auch nicht ändern. Dazu gehört ein Mix aus verschiedensten kleineren und größeren Marktständen für Nahrungsmittel und individueller Gastronomie, aber auch Kleinhandwerk, ein Schuster, eine Reinigung, ein Friseur o.ä. wäre möglich. Dabei wird es natürlich auch professionellere Betreiber geben, aber auch für Kleinbetriebe und Existenzgründer wird genug Platz sein.

    Das ganze wird am Ende auch davon abhängen, welche Betreiberinnen und Betreiber sich bewerben und ein Teil der neuen Rindermarkthalle werden wollen. Die Vermietung beginnt erst Anfang 2013. Konkrete Entscheidungen zu einem bestimmten Konzept kann es also noch gar nicht geben. Das Gesamtkonzept besteht aus kleinen Ladenflächen, festen Marktständen und einer flexiblen Aktions-Fläche. Und eben nicht aus ausschließlich größeren Läden.

    Richtig ist:

    Es haben sich bislang eine Vielzahl verschiedenster und kleinerer Händler beworben, mit denen wir nun nach und nach in Gespräche einsteigen werden.

    Ich frage euch:
    – Was ist schlecht an einem Obsthändler aus dem Alten Land?
    – Was ist schlecht an einer kleinen Käsehändlerin vom Wochenmarkt?
    – Was ist schlecht an einem Laden für Tee und Gewürze?
    – Was ist schlecht an einem Fairtrade-Laden?
    – Was ist schlecht an einem türkischen Händler aus dem Viertel, der seine selbstgemachten Süßspeisen verkauft?

    Gerade hat offensichtlich der türkische Obst und Gemüseladen an der Ecke Schulterblatt/Susannenstraße zugemacht. Wir bieten solchen Händlern und anderen eine Möglichkeit, im Stadtteil zu bleiben. Was hat das denn mit Gentrifizierung zu tun? Das sind alles Händler, die im Moment keine geeigneten Kleinflächen mehr im Viertel finden und die sich deshalb als erste bei uns beworben haben.

    Wir werden Gespräche mit allen führen die sich für eine Fläche in der Markthalle interessieren und freuen uns über jeden Tipp, jede Anregung, jeden Wunsch der aus dem Viertel kommt.

    Warum sollten wir ein „deluxe-Mercado“ aufbauen, das im Stadtteil keiner haben will? Das ist Quatsch und eine Unterstellung, die mit der Realität nicht zu tun hat!

    Richtig ist:

    Wir haben von Beginn unseres Auftrages im August an immer wieder Gesprächsangebote gemacht und Beteiligungsmöglichkeiten geschaffen. Insbesondere die Wunschproduktion hat diese aber bisher auch immer wieder nicht angenommen. Nicht mit uns über die eigenen Vorstellungen zu reden und sich dann darüber zu beschweren, man sei nicht gefragt worden, ist mehr als schlechter Stil. Das finden wir sehr schade.

    Wir würden uns freuen, wenn die Wunschproduktion sich konstruktiv an den Planungen zur Zukunft der Rindermarkthalle beteiligen würde. Andere Anwohnerinnen und Anwohner bringen sich ja auch ein und führen mit uns (so z.B. die Keimzelle und das Gartendeck zum Thema Grünareal) konkrete Gespräche über konkrete Ideen.

    Sagt doch einmal konkret was ihr meint, welche kleinen Läden das Viertel eurer Ansicht nach braucht! Dann werden wir diese bevorzugt in die Planungen integrieren. Im Moment klingt das alles sehr nach Politik und nicht nach Ausdruck von dem an dem, was das Viertel wirklich will.

    Torsten Hönisch
    (Maßmann & Co.)

  2. Hallo Torsten Hönisch,

    ich verfolge nur aus der Entfernung die Entwicklung der „Alten Rindermarkthalle“. Jedoch der heutige Artikel im HH Abendblatt bezüglich des ev. Scheiterns eines Edeka Ladens, gab mir Anlass, meinen Standpunkt zur Sache mal zu formulieren. Ich lebe mit Unterbrechungen lange in diesem Viertel. Mir fehlt in dem Viertel bzw. nicht nur hier, die optimale Einkaufsmöglichkeit. Die Tendenz der Supermarktmanie sollte gerade in diesem Viertel, mit Interesse von Zukunftsvisionen, endlich unterbunden werden. Ich finde es sehr schade, dass die Rindermarkthalle mit Budni, Aldi und Edeka bestückt wird, dafür brauchen wir keine Markthalle! Wie fantasielos! Wichtig bei einem so zentralen Stadtteil-Projekt ist doch auch, dabei die Originalität und den individuellen Charme zu erhalten bzw. sogar zu steigern. Hierbei beziehe ich mich auf die kommunalen Märkte in den südeuropäischen Städten. In Hamburg gibt es keine „Markthalle“ mit den lokalen Anbietern, die täglich ihre frischen Produkte anbieten. Ich kenne die Szene der Märkte in Italien sehr gut und dort wird man als Verbraucher sogar stimuliert, frische Produkte zu günstigen Preisen einzukaufen, aber nicht bei Edeka, geschweige denn bei Aldi od. Lidl. Ganz im Gegenteil, Edeka hat z.B. kein gutes und vielfältiges Angebot an Frischeprodukten oder ist für die Qualität viel zu teuer. Auch der Wochenmarkt am Schulterblatt könnte so in den „Alten Rindermarkt“ integriert werden, so dass auch Belästigungen durch die An-und Abfahrten wegfielen. Ich würde mir eine „wirkliche“ Markthalle für Altona/St. Pauli sehnlichst wünschen, für Hamburg und ein weiterer Anziehungspunkt für den Stadtteil wird! Wir leben am Wasser, bedauerlicherweise fehlt auch eine interessante Fischhalle! Diese Markthalle kann auch Anreiz geben, durch frische lokale und internationale gastronomische Bereiche im Markttreiben, neue Produkte in der eigenen Küche auszuprobieren. Auf eine neues genussvolles Markttreiben für Jedermann! Einige Fotos hatte ich bereits im Internet recherchiert. Bei Interesse kann ich diesen beschriebenen Eindruck bildlich gern darstellen. Viele Grüße! Meike Siemssen

  3. Hallo Meike Siemssen,

    wenn ich Ihren Beitrag lese, stelle ich fest, dass unsere Ziele und Wünsche für die Rindermarkthalle ziemlich dicht beinander liegen. In der Tat sollte die Markthalle erstens möglichst gut zum Viertel passen und zweitens als „wirkliche Markthalle“ eine Vielfalt an Frische und kreative Gastronomie zu bezahlbaren Preisen anbieten. Die Vorbilder, die es dazu in Südeuropa gibt, haben wir uns sehr genau angesehen (z.B. Barcelona) und wollen uns bei der Entwicklung des Konzeptes für die Rindermarkthalle auch daran orientieren. Darüber hinaus kann es wie dargestellt gern auch eine Apotheke, einen Schuster, einen Friseur, eine Reinigung oder andere Dienstleistungsangebote geben um das Angebot abzurunden. Die von Ihnen kritisierten Großmieter Edeka, Budni und Aldi sind aus meiner Sicht dazu eine sehr gute Ergänzung für die Nahversorgung im Stadtteil. Sie waren im übrigen von Anfang an Teil der Vergabeentscheidung der Stadt und insofern „gesetzt“.

    Der Markthallenbereich der Rindermarkthalle wird mit ca. 3.500qm trotzdem groß genug sein, um das von Ihnen gewünschte Flair umsetzen zu können. Nicht zuletzt dafür soll es eine flexible Aktionsfläche geben, auf der keine festen Stände eingebaut werden, sondern die – ganz im Sinne eines Wochenmarktes – für kleine, variable Stände zur Verfügung steht. Auch auf dem Vorplatz wird es eine Fläche geben, auf der Wochenmärkte, Basare etc. stattfinden können, aber auch Kunst und Kultur.

    Sehr gern können Sie mir Fotos zukommen lassen, wenn Sie wollen. Für weitere Anregungen und Tipps sind wir stets offen und dankbar!

    Viele Grüße
    Torsten Hönisch

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