Am 2. September letzten Jahres verkündeten Bezirk und Finanzbehörde eine für mindestens zehn Jahre gültige, dennoch als Zwischenlösung titulierte Regelung für das Areal der Alten Rindermarkthalle. Demnach soll die komplette Verantwortung für das Gelände auf die Einzelhandelskette EDEKA übergehen, die dort nicht nur selbst einen Supermarkt betreiben, sondern auch als Vermieterin gegenüber weiteren Einzelhändlern sowie als Betreiberin einer Markthalle auftreten soll. Vor allem wird EDEKA seitens der Politik auch die Verantwortung für die von zahlreichen Bürger_innen geforderte und durch die Hamburgische Bürgerschaft beschlossene offene Beteiligung aufgebürdet.
Anfragen und Initiativen werden seither von Bezirk und Behörden mit Verweis auf die – nicht veröffentlichten – Verträge mit EDEKA abgebügelt.
Schon kurz nach der überraschenden Präsentation dieser dubiosen „Public Private Partnership“ deutete sich an, dass EDEKA mit der schließlich nicht zu ihrem Kerngeschäft gehörenden Aufgabe, Stadtentwicklung zu betreiben und dabei die Anwohner_innen einzubeziehen, überfordert ist.
Nun scheinen die Einzelhändler die Notbremse ziehen zu wollen: am Rande einer Sitzung des Sanierungsbeirates deutete ein Verwaltungsangehöriger gegenüber Initiativenmitgliedern an, dass EDEKA gegenüber der Stadt Nachverhandlungen bezüglich des Areals fordere und am liebsten ganz aus dem Vertrag aussteigen würde.
Wie üblich soll anscheinend auch von dieser Entwicklung die Öffentlichkeit erst dann informiert werden, wenn die Tatsachen bereits geschaffen sind – vorerst bleiben wir also auf Spekulationen angewiesen.
Der Wunsch EDEKAs aus einem Vertrag auszusteigen, der für sie unwägbare wirtschaftliche Risiken birgt und auf Jahre hinaus mit geschäftsfremden Aufgaben belasten würde, ist allerdings plausibel.
So gibt es für die als Highlight der so genannten Zwischenlösung beschworenen Markthalle noch nicht mal ansatzweise ein Konzept, dass die versprochenen Eigenschaften – wie z.B. den regionalen Bezug – wirtschaftlich tragfähig realisieren könnte.
Seit Monaten sieht sich EDEKA mit Begehrlichkeiten für die – im übrigen viel zu kleine – Fläche im Obergeschoss des Gebäudes konfrontiert, die für „irgendwie soziale“ Belange vorgesehen ist.
Stadt und Bezirk sehen sich aus dem Schneider und verweisen bei allen Anfragen wiederum auf EDEKA.
Zudem regt sich in den umliegenden Vierteln und über die diesbezüglich notorischen Initiativen hinaus inzwischen erheblicher Zweifel daran, ob ein schickes Einkaufszentrum mit dem siebten Drogeriemarkt im unmittelbaren Umkreis wirklich das ist, was der Stadtteil hier will und braucht.
Für eine Einzelhandelskette mag ein Standort wie die Alte Rindermarkthalle, mit einem relativ großen Einzugsbereich und der aufgrund der günstigen Parkplatzsituation bestehenden Möglichkeit, auch zahlreiche Kund_innen von weiter her anzulocken, auf den ersten Blick attraktiv erscheinen.
In Verbindung jedoch mit den zahlreichen Belastungen, von denen hier nur einige exemplarisch aufgeführt wurden, stellt die Vertragskonstruktion bezüglich des Areals ein wirtschaftliches Risiko dar, das der unternehmerischen Vernunft eigentlich widerspricht.
Sollten sich die Gerüchte bewahrheiten und EDEKA tatsächlich ihr riskantes Engagement auf dem Areal überdenken, bestünde endlich die von den Initiativen und vielen Anwohner_innen gewünschte Möglichkeit, ein wirklich sinnvolles und tragfähiges Konzept für die künftige Nutzung der Alten Rindermarkthalle zu entwickeln. Dabei würden die Menschen in den Stadtteilen nicht nur als Konument_innen eingeplant, sondern wären selbstbestimmte Akteur_innen der Entwicklung ihrer Stadt.
Nahversorgung, im eigentlichen Sinne des Wortes, wäre zweifellos ein wesentlicher Bestandteil dieses Konzepts, und wer weiß, vielleicht ja auch mit EDEKA.
Das Gerücht vom Aussteigewunsch EDEKAs ist zunächst dem Datum (1. April) geschuldet. Es ist aber das einzig frei Erfundene in dem Text, und man hat ja schon erlebt, dass aus Scherzen schneller als man denkt Wirklichkeit wird…
Das Hickhack um die Alten Rindermarkthallen scheint irgendwie nie ein Ende zu finden. Schade eigentlich um diese tollen alten Hallen, in denen vieles auf die Beine gestellt werden könnte. Warum immer nur Kommerz machen? Wo sollen die Konsumenten denn noch kaufen? Der Geldbeutel wird ja nicht voller nach der nächsten Lohnzahlung, sodass mehr Optionen bestünden. Kultur und die möglichst gut und billig ist die Alternative. Auf diesem großen Areal könnten überdies facettenreiche Kulturangebote mit Begegnungsstätten harmonisch in Einklang gebracht werden. Auch sportliche Anlagen sowie grosszügige Grünflächen wären eine Option. Aber eine Ladenzone, wenn diese auch mit alt eingesessenen Hamburger Händlern bestückt wäre, scheint wenig erfolgversprechend zu sein. Vielleicht sollte sich der Betreiber einmal in einer öffentlichen Umfrage ein paar Anregungen holen. Es wäre sicherlich von Vorteil dem Volk und seinen Wünsche zu entsprechen. Auch im Sinne der eigenen Investitionen.